Librem 5 - Erstes Fazit nach 3 Wochen

Librem 5 - Erstes Fazit nach 3 Wochen

Ich habe am 01.03.2021 das Librem 5 erhalten … was für eine halbe Ewigkeit hat das gedauert kopfschüttel

Es ist wirklich schwer zu vermitteln, wie sehr ich mich nach einem richtigen Linux-(Handy|Smartphone|PocketComputer) gesehnt habe. Diese ganze Android Scheiße und das aalglatte Mac-Geraffel geht mir persönlich immer mehr auf den Keks. Das Nokia 8310 war ich zuletzt wirklich überdrüssig, auch wenn ich die Akkulaufzeit von einer Woche doch sehr zu schätzen gelernt habe :) Jetzt habe ich das Librem 5 in der Hand, ist es jetzt das was ich wollte?

Zuerst war ich natürlich ein wenig skeptisch, weil in Vorfeld schon viele Probleme im Umlauf waren. Dann ein wenig enttäuscht, weil es irgendwie schwer, dick und teilweise wenig Designelemente hat (da geht mehr). Dann war ich aber irgendwann irgendwie zufrieden. Nach drei Wochen hat sich das natürlich alles geändert.

“Das” Problem sind die Baustellen. Dazu kommt, dass das PureOS auf Debian basiert. Ja, Debian - die Distribution für die ewig gestrigen! Supppaa … gut das war alles im Vorfeld bekannt und daher sollte man darüber auch nicht herziehen m( Wenn man versucht etwas nach vorne zu treiben und mit einem zwei Jahre alten Debian arbeiten muss… Da kann man schlecht mit einem Maintainer einer App zusammen arbeiten und hat das Ergebnis nach einigen Tagen in seiner Distribution. Bei Debian braucht das Jahre. Ok, lassen wir das tiefdurchatmen

Zum Thema Baustellen:
Wo fängt man da an und wo hört man da auf? Das Modem hat ständig Probleme selbständig auf Datentransfer umzustellen, das WiFi und Bluetooth stellt sich immer wieder selbst im Weg, die Telefonie ist in der Latenz gerade noch so in Ordnung aber dennoch nervig hoch. Funktionen in den Apps produzieren reproduzierbar Abstürze, die Perfomance ist in vielen Bereich für die Tonne, die Kameras gehen nicht… Herrje, das ist man alles so nicht mehr gewohnt und Krankheiten, die wir von Linux-Desktops kennen, kommen noch hinzu.

Die Akkulaufzeit ist mir persönlich noch zu niedrig, bitte nochmals 50% mehr! Wenn ich Radio streame oder ein Podcast, dann belastet das den Akku kaum und ich kann damit glücklich verstrahlt durch die Gegend laufen. Habe ich aber einige andere Programme am Laufen, ist der Akku in 4-5 Stunden weg. Bin ich im Convergence-Modus, Holla die Waldfee, da stelle ich freiweillig die Heizung im Raum runter … uiui…

Gut, jetzt bin ich den ganzen Rant über das Librem los geworden - entspannt ein wenig. Jetzt bin ich auf dem Niveau des Golem Beitrags über das Librem 5. Oberflächlich macht das Smartphone nur unwillig was es soll und dürfte den selbstdarstellenden Audifahrer nicht zu friedenstellen. Und nun, jetzt mal ehrlich, ist das alles sooo schlimm?

Irgendwie schon, aber es überwiegt immer mehr das Gefühl der Freiheit. Das ist schwierig zu erklären. Freiheit muss man leben, um sie zu versteht - abgedroschen, oder? Wie soll ich das jetzt erklären…

Ich versuche es mal mit ein paar kleinen Beispielen:

  1. Ich habe als erstes SSH eingerichtet, damit ich das Librem5 “übernehmen” kann, so wie ich das bei allen meinen Computern mache. SSH-Konfig härten, Host-Schlüssel generieren, Pubkeys einspielen, Firewall einrichten, “.bashrc” anpassen und feddig ist die Laube. 3-2-1 Meins!

Das Beispiel hat mir das erste mal noch 10 Minuten ein wenig Gänsehaut verpasst.

  1. Ich habe auf meinem Desktop via sftp das Home-Directory in meinem Dateimanager eingebunden und kann jetzt damit gemütlich das Librem5 wie ein “normales” Storage ansteuern.

Da wusste ich, hier läuft etwas ganz anders als die letzten Jahrzehnten… ganz anders.

  1. Ich installiere zaghaft die ein oder andere App und spiel etwas herum. Eine Radio-App, ohne Werbung, ohne irgendwas nerviges… wohooo. Bei der App (Goodvibes) fehlen mir “Meine” Radiosender. Ich finde die Streaming URLs natürlich im Netz und muss sie jetzt noch irgendwo hinterlegen. Das ist natürlich im UI möglich. Ja nee, ist klar, dann bin ich in einer Woche nicht fertig. ABER: Die Sender werden ganz einfach unter .lokal/share/Goodvibes/stations.xml abgelegt, ein Editor auf und rein damit.

  2. gPodder/Debian haut einfach so ein Verzeichnis in mein Home - sagt mal gehts noch? Bitte zumindest mit nem . davor !!! … DuckDuck auf und die Suche starten “change gPodder directory” > 2x Beiträge durchforstet > Bingo. ~/.profile öffnen und nen einzeiler dranhängen. gPodder hat nun das Home-verzeichnis unter ~/.gPodder

Diese vermeintlichen Probleme haben mir klar gemacht, dass ich mich “natürlich” unter Linux befinde und es “selbstverständlich” möglich ist, die Konfigurationen der App zu beeinflussen. Man muss nur erst mal verstehen, dass das Librem 5 ein ganz normaler Linux-Computer ist. Dort, wo die Logik “klar” sagt, funktioniert es im Unterbewussten anders.

Man wird so auf Dumm trainiert und ist von den Google/Android und Apple/IPhone konditioniert, geistig abhängig. Keine App, Keine Button? Tja, da kann man nichts machen.

  1. Ich habe unter Konten mein “Nextcloud”-Konto eingerichtet. Calender und Contacts sind sofort da und funktionieren - ok, das war überraschend :) FileManager auf und… fuck, da ist mein Nextcloud DAV includiert … Nein, wie geil !!

Das muss kein anderer verstehen, aber diese Dinge sind für mich wichtig.

Ich bin nach 3 Wochen nicht mehr “skeptisch”, auch nicht “enttäuscht”, und “zufrieden” trifft es mit Sicherheit nicht. Ich bin nun hoffnungsvoller, das die Fehler noch größtenteils gefixed werden und weitere Projekte, wie das Librem5 und PinePhone kommen und man weiter voneinander lernen wird. Dass durch die ganzen Anpassungen in den Programmen ein Linux-Smartphone endlich normal wird.

Ich bin als Librem5-User glücklich (Punkt), etwas was seit gut 10 Jahren kein Computer mehr in der Art geschafft hat.

Positiv in die Zukunft schauen zu können, mit allen Möglichkeiten, und kaum Abhängigkeiten zu haben, das nennt man wohl Freiheit.

Ich mag sie, ich will sie, ich habe sie.

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