Furilabs Furiphone FLX1

Furilabs Furiphone FLX1

Furilabs hat Mitte dieses Jahres eher unbemerkt das Furiphone FLX1 auf den Markt gebracht. Da mein Librem 5 zunehmend mehr Bugs aufweist, die Akkus verschlissen sind und der Hersteller die Entwicklung eingestellt hat, brauche ich definitiv ein neues Smartphone.

Durch Zufall bin ich auf dieses Projekt gestoßen und dachte mir: Was soll schon schiefgehen? Also habe ich es mir kurzerhand blauäugig bestellt. Nach gefühlt endlos langen 10 Tagen lieferte mir UPS das Smartphone aus Hongkong – und seitdem drücke ich entzückt auf alles herum, was blinkt und wie ein Knopf aussieht.

Ob es mein Librem 5 ersetzen kann und ob es endlich das ersehnte Linux-Phone ist, das sich als Daily Driver nutzen lässt – dazu später mehr.

Kommen wir zuerst zu …

Die harten Specs


Display

  • 6.59" IPS Bildschirm
  • Auflösung 1080px x 2412px
  • Wiederholrate 120Hz
  • 10-Punkt Touch
  • Gorilla Glass 5

SoC

Mediatek Dimensity 900 erstmals released Q2/2021

  • Octa-Core-Set (ARMv8.2-A 64-bit / 6nm) bestehend aus
    2x Cortex-A78 2.4Ghz && 6x Cortex A55 2.0Ghz (MT6877/MT6359)
  • Grafikchip Mali G68 MC4
  • Bei WWAN wird 2G/3G/4G und 5G unterstützt
  • Der Arbeitsspeicher kann via LPDDR4X bzw. LPDDR5 angebunden werden
  • Flash Speicher kann über UFS 2.1 und 3.1 angebunden werden

Arbeitsspeicher

  • 6GB via LPDDR4X angebunden

Speicher

  • 128GB Micron (MT128GASAO4U21) via UFS 2.1 angebunden

Kameras

  • 16MP, f/2.0 Front Kamera
  • 50MP, f/1.88 Rückkamera mit einer zusätzlichen
    2MP, f/2.4 Makro-Kamera (fixed focus)

Karten

  • Es gibt zwei SIM Slots, wobei aktuell nur der erste Slot funktioniert
  • Ein MicroSD Slot für bis zu 1TB zusätzlichem Speicher

Wireless

  • WiFi 6.0 (unterstützt gängige Standards a/b/g/n/ac/ax)
  • Bluetooth 5.2 (unterstützt u.a. A2DP und LE)
  • NFC

Akku

  • Model: BL-A35CT
  • LiPo 5000mAh (3,85V/19.25Wh)
  • wechselbar
  • via USB-C oder QI/Wireless laden

weitere Schnittstellen/Features

  • 3,5 Klinke-Anschluss
  • einen Fingerabdruckscanner (im Power-Button)
  • ein Assistant-Button (optionale 3-fach Belegungen möglich)
  • GNSS-Sensor (GPS)
  • IP68 geschützt (darf damit in die Badwanne oder ins Klo fallen)

Basics

  • Gewicht 282g
  • HxBxT 171mm x 82mm x 12mm

Erste Eindrücke


Design & Feeling

Das Furiphone ist wirklich groß und schwer – der 6,59 Zoll große Bildschirm fordert seinen Tribut. Der Bildschirm schließt nicht direkt mit dem Gehäuserahmen ab, sodass rund um den sichtbaren Bildschirm ein schwarzer Rahmen sichtbar ist, was irgendwie etwas old-school wirkt.

Das Smartphone macht durch seinen Metallrahmen einen sehr robusten Eindruck, sodass man fast reflexartig denken könnte, man könnte damit Nägel in die Wand hauen. Die Rückseite ist mit einem Plastikdeckel versehen, der schwer zu lösen ist (IP68 lässt grüßen). Durch die geriffelte Oberfläche lässt sich das Smartphone gut in der Hand halten, bietet jedoch wenig Halt. Insgesamt macht es einen etwas älteren, aber dennoch wertigen Eindruck.

Betriebssystem

Als Betriebssystem nutzt FuriLabs ein angepasstes Debian Trixie (Debian 13), in Verbindung mit Halium, und nennt es FuriOS 13. FuriLabs aktualisiert das FuriOS monatlich und versioniert es entsprechend (aktuell im Dezember 13.0.5).

FuriOS 13 läuft aktuell auf dem Furiphone FLX1 mit dem LTS Kernel 4.19, dessen Unterstützung 2024 endet. Ab diesem Punkt wird sich ein Maintainer um den Kernel kümmern, damit die Version weiterhin nutzbar bleibt. Hoffen wir, dass alle Sicherheitsupdates zeitnah implementiert werden. WiFi/Bluetooth und Mobile (LTE)

Aktuell gibt es je nach Land und Anbieter Probleme mit dem Datenverkehr über das mobile Netz. Sollte dies der Fall sein – was bei mir auch der Fall war – wird einem von FuriLabs schnell geholfen. Der Support ist dort fix und unkompliziert. Es ist schade, dass der Bug aufgetreten ist, aber es war gut, den Support direkt einmal kennenzulernen.

Die Performance im mobilen Netz war angenehm schnell, sodass ich nichts Negatives dazu sagen kann. Sogar das Erstellen eines Hotspots ist unkompliziert und die Verbindung stabil und vor allem schnell.

Bei Bluetooth habe ich einige meiner Geräte ausprobiert und bisher keine Probleme gehabt.

Telefonie

Es gibt eine leichte Latenz beim Telefonieren, was für Linux-Smartphones typisch ist. Die Sprachqualität ist jedoch vollkommen in Ordnung. Die Freisprechfunktion des Furiphone FLX1 funktioniert einwandfrei. Kamera

Die Kamera macht bei den üblichen Schnappschüssen einen guten Eindruck. Ein Schnappschuss ist schnell gemacht und gespeichert – ich kann mich daher nicht beklagen.

Akku

Die Laufzeit des Furiphone FLX1 ist sehr entspannt – für einen Librem 5-Nutzer sind das neue Welten! 😊 Ohne gestartete Applikationen und ohne den Android-Container lief das Furiphone FLX1 rund 36 Stunden. Da der Akku wechselbar ist, wurde bei mir das Interesse geweckt, einen zweiten Akku zu bestellen. Leider habe ich bisher noch keinen Akku zum Bestellen finden können.

Ich habe das Smartphone sowohl am PC (USB-C) mit rund 8 Watt als auch an einem 90-Watt-Netzteil (USB-C) mit rund 19 Watt geladen. Wie hoch die Ladeleistung bei QI-Laden ist, konnte ich bisher noch nicht testen.

Android

Ein schönes Feature ist die Integration von Waydroid. Es ist nahtlos integriert und installierte Apps erscheinen in der gemeinsamen App-Übersicht. Die Kamera, Soundausgabe, Soundaufnahme und Bluetooth werden an Android durchgereicht und stehen den Android-Apps zur Verfügung. NFC funktioniert noch nicht, scheint jedoch auf der To-Do-Liste zu stehen.

Diese Integration habe ich bisher noch nicht getestet, da sie mir aktuell noch nicht so wichtig ist. Zu diesem Thema kann ich später sicherlich mehr sagen.

Fingerabdrucksensor

Auf der rechten Seite des Furiphone FLX1 befindet sich, neben den beiden Lautstärkereglern, der fast doppelt so große Ein-/Ausschalt-Button. In diesem Button ist ein Fingerabdruckscanner verbaut, der zum Entsperren des Lockscreens genutzt werden kann. Im Gnome-Control-Center lassen sich die gewünschten Finger hinterlegen. Die Erkennung funktioniert bei mir problemlos – ein wirklich schönes Feature!

Assistant-Button

Auf der linken Seite des Furiphones ist ein auffälliger Knopf der zunächst keinerlei Funktion hat. Das kann im Gnome-Control-Center geändert werden, dort kann man eine Reihe von Features ausführen die bei kurzem, längerem oder doppeltem drücken ausgelöst werden.

Convergence-Modus

Ein unter Linux-Smartphones sehr beliebtes Feature ist der Convergence-Modus. In diesem Modus kann ein Monitor direkt oder über ein USB-C-Dock angeschlossen werden, wodurch sich das Linux-Smartphone in einen gewöhnlichen Desktop verwandelt. Dieses Feature ist bisher NICHT implementiert.

Zubehör

Einziges Zubehör für das Smartphone habe ich bisher bei ViaScreens gefunden, dort gibt es ein paar unterschiedliche Displayfolien.

Der Unterschied: Librem 5 vs Furiphone FLX1

Sicherlich fragen sich einige, was die Unterschiede zwischen dem Librem 5 und dem Furiphone FLX1 sind.

Grob gesagt: Das Furiphone FLX1 ist keine „freie und offene“ Hardware im umfassenden Sinne und erfordert ein gewisses Grundvertrauen in die verschiedenen Chiphersteller und deren Treiber. Dass die Hardware des Furiphone FLX1 in Bezug auf Vertrauenswürdigkeit nicht mit dem Librem 5 mithalten kann, mag auf den ersten Blick ein Nachteil sein. Aber letztlich muss man sagen, dass man bei normalen Smartphones und PCs immer ein gewisses Vertrauen in die Hardwarehersteller setzt – und das funktioniert in der Regel auch gut.

Die hohen Anforderungen an trusted Hardware und die damit verbundenen Probleme versucht FuriLabs mit dem Furiphone FLX1 gar nicht erst zu lösen. Die Hardware funktioniert „out-of-the-box“ über die mitgelieferte Android-Kernel-Umgebung (Halium), sodass sich die Entwickler „nur noch“ um die Anbindung und Funktionalität im FuriOS kümmern müssen. Es gab bereits mindestens zwei Projekte, die versucht haben, Linux-Smartphones auf eigene Hardware-Designs zu bringen – aber leider ohne großen Erfolg. Daher ist es sehr klug, in diesem Fall einen anderen Weg zu gehen.

Die Leistungsunterschiede sind enorm und in allen Bereichen spürbar.

Preis

Das Furiphone FLX1 wird aktuell für 499 Dollar verkauft, zuzüglich 30 Dollar Versandgebühren nach Deutschland. UPS hat mir dann 111,53 Euro für Zoll und Gebühren berechnet. Insgesamt habe ich also etwa 620 Euro für das Smartphone bezahlt, was – basierend auf dem aktuellen Entwicklungsstand – bereits jeden Cent wert ist.

Fazit

Ich muss zugeben, ich habe seit langem keinen so großen Spaß an einem Linux-Smartphone gehabt. Das ganze Projekt funktioniert jetzt schon hervorragend. Die Performance des Furiphone FLX1 ist gut, die Stabilität ist bereits erstaunlich hoch und die Akkulaufzeit ist normal. Das Furiphone FLX1 ist zwar nicht frei von Fehlern und einige Features fehlen noch, aber es wird ständig weiter daran gearbeitet und geflucht. Als Librem 5-User bin ich derzeit besonders begeistert davon, wie gut das Smartphone bereits funktioniert. Mein Librem 5 wandert in den Keller. Einzig die teilweise geschlossene Plattform über die Halium-Umgebung und der alte LTS-Kernel sind Kröten, die man leider schlucken muss.

Und nun die ewige Frage: Ist es nun ein „Daily Driver“?

Ja, ist es !! :)

Deal with it …